Mrz 282013
 
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Eine zunehmende Kompetenz- bzw. Outcome-Orientierung – anstelle einer reinen Wissensvermittlung – ist aktuell in der gesamten Weiterbildungsbranche auszumachen. Das gründet vor allem auf gesellschaftlichen Entwicklungen, die zu veränderten Bedürfnissen und Bedarfen geführt haben.

Damit stehen auch betriebliche Bildungsorganisationen vor der grossen Herausforderung, Lernevents nicht mehr nur punktuell zu organisieren, sondern darüber hinaus Lernen als Prozess zu verstehen und diesen zu begleiten und zu unterstützen. So können bspw. Lernmöglichkeiten am Arbeitsplatz, also im Arbeitsprozess, mit dem Einbezug informeller Lernformen systematisch genutzt werden. In der Realität bilden derzeit allerdings noch immer „klassische“ Trainings das dominante Design von Bildungsmassnahmen. Damit wird eine Lücke zwischen Angebot und Nachfrage deutlich.

Der Buchbeitrag Neuorientierung betrieblicher Weiterbildung – Wege aus der “Kürsli-Denke”? zeigt Möglichkeiten auf, die bestehenden Organisationslogiken zu überdenken. Dazu werden neben klassischen Herausforderungen des betrieblichen Bildungsmanagements, wie z.B. das Ausbalancieren des Spannungsfeldes zwischen den Geschäftszielen und den persönlichen Zielen der Mitarbeitenden, aktuelle Trends in der Weiterbildungsbranche skizziert und damit einhergehende neue paradigmatische Ausgangspunkte von Lernen dargestellt, die auf den betrieblichen Kontext, vor allem auf den Ebenen der Programmgestaltung sowie der konkreten Umsetzung des Lerngeschehens zu übertragen sind.

Abschliessend werden diese Überlegungen zu neuen Optionen für die Neuausrichtung von Weiterbildungsanbietern weiter geführt. Damit können z.B. eine erweiterte oder sogar neu ausgerichtete Outcome-orientierte Wertschöpfungskette, die die Ebenen der Mitarbeitenden sowie die des Unternehmens einbezieht, sowie neue Rollen der Weiterbildungsanbieter einher gehen.

Der Buchbeitrag ist in “Kompetenzentwicklung in unterschiedlichen Lernkulturen. Festschrift für Dieter Euler zum 60. Geburtstag.”, herausgegeben 2013 von Sabine Seufert und Christoph Metzger, erschienen. Die Publikation beinhaltet neben Beiträgen zur Kompetenzentwicklung in Unternehmen ebenso Beiträge zu den Kontexten Schule und Universität.

 

Mrz 262013
 
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Das Konzept des Flipped Classroom (oder Inverted Classroom) wird ja schon seit einiger Zeit diskutiert und vor zwei Wochen fand dazu die zweite Konferenz in Deutschland statt (inverted.classroom.wordpress.com). Im Kern geht es darum, die üblichen Formate für “Wissensvermittlung” und “Hausaufgaben” miteinander zu vertauschen. Die Wissensvermittlung bzw. Wissenserarbeitung geschieht vor einer Sitzung / Unterrichtsstunde (z.B. über Videoaufzeichnungen von Lehrvorträgen) und in der Sitzung selbst arbeiten die Teilnehmenden an Aufträgen zur Vertiefung oder zum Einüben. Für dieses Modell werden folgende Vorteile angeführt:

  • das Vermitteln / Erarbeiten der Inhalte erfolgt individualisiert im Hinblick auf Zeitpunkt, Tempo, Pausen ggfs. den Weg durch den Stoff;
  • in der Vertiefungs- / Übungsphase profitieren die Lernenden davon, dass andere Lernende und auch die Lehrperson für Rückfragen / Hilfestellungen / Diskussionen verfügbar sind.

Ausführlicher dazu:
Schäfer, A. M. (2012). Das Inverted Classroom Model; und Spannagel, C. (2012). Selbstverantwortliches Lernen in der umgedrehten Mathematikvorlesung;
beide in: J. Handke & A. Sperl (Hrsg.), Das Inverted Classroom Model: Begleitband zur ersten deutschen ICM-Konferenz. München: Oldenbourg.

Dieser Ansatz (flipped / inverted) ist nicht so neu wie es manchmal scheint (vgl. z.B. den Weblog von R. Musallam: Cycles of learning, Kategorie “Explore-Flip-Apply”), hat aber in den letzten zwei / drei Jahren sehr viel Aufmerksamkeit erhalten – nicht zuletzt aufgrund technologischer Entwicklungen und der Verfügbarkeit von einfach zu handhabenden Werkzeugen für das screenrecording (vgl. z.B. hier oder hier).

“Flipped learning” wird an verschiedenen Orten auch auf die Weiterbildung von Lehrpersonen an Schulen übertragen. Zwei Beispiele, auf die ich bei einer ersten Recherche gestossen bin: Unter dem Titel “7 steps to flipped professional development” hat Laura Conley, Professional Development Facilitator at Clarksville High School, USA, einen kurzen Blogbeitrag veröffentlicht, in dem aufgezeigt wird, wie vorbereitende Arbeiten aus einem Weiterbildungsworkshop für Lehrpersonen ausgelagert und über soziale Medien abgewickelt wurden, um im Workshop selbst mehr Zeit für die wirklich wichtigen Aktivitäten zu haben.  Und Fred Sitkins, Leiter der Grundschule in Boyne City, Michigan, hat dieses Konzept auf die Personalentwicklung in seiner Schule übertragen und dazu einen Kurs (“flipping professional development”) in der iTunes University (vgl. Screenshot) freigeschaltet. Auch hier ist der Grundgedanke ganz ähnlich: Teamsitzungen und gemeinsame Schulentwicklungstage zur Kompetenzentwicklung der Lehrpersonen werden

  • vom Verbreiten von allgemeinen schulbezogenen Informationen und
  • von grundlegender Wissensentwicklung (z.B. welche Möglichkeiten gibt es, iPads im Unterricht einzusetzen) entlastet.

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Der iTunesU-Kurs zeigt einiges im Hinblick darauf, wie die Lehrpersonen an dieser Schule auf der Grundlage verschiedenster sozialer Medien Informationen aufnehmen und selbstgesteuert neue Dinge lernen. Etwas unscharf bleibt dabei für mein Empfinden noch, wie denn die Teamsitzungen und Schulentwicklungstage jetzt genutzt werden.

Dieser Ansatz kann natürlich auch im Kontext von betrieblicher Weiterbildung verfolgt werden. Und da der Begriff in Mode ist, preisen manche Anbieter ihre Dienstleistungen als “flipped corporate training” an, wo doch nur eine Sequenz von Web Based Training und Trainer-geführtem (online) Seminar dahinter steckt.

 

Jay Cross (danke an Jochen Robes für den Hinweis) warnt dazu auf seinem Internet Time Blog (“flipping corporate learning“) zurecht:

That’s my nightmare about flipping learning in the corporation, that organizations will once again confuse exposure to content with learning. It’s great to replace lectures with video clips — IF you retain the opportunity for people to ask questions, interact with the material, practice what they’ve learned, collaborate with others, and periodically refresh their memories. This takes a sound learning ecosystem, a workscape.

Ich frage mich, wie der Blended-Learning-Ansatz unserer scil Weiterbildungsseminare (vgl. Grafik unten) gegenüber “flipped classroom” einzuordnen ist. Ausgangspunkt für uns war der Paradigmenwechsel vom “Lehren” zum “Lernen” und eine teilweise Übertragung von Verantwortung für den Lernprozess auf die Teilnehmenden. Aber gleichzeitig beinhaltet unser Blended Learning Modell auch den Aspekt “flipped”: das Erarbeiten von Basiswissen wird aus dem Seminar ausgelagert und erfolgt als  angeleitetes Selbststudium. Bei uns allerdings zumeist auf der Grundlage von (umfangreicheren) Skripten oder (kürzeren) “Learning Nuggets” – weniger auf der Grundlage von Videoaufzeichnungen (wir beginnen aber damit, diese ergänzend einzusetzen). Dieses Grundmodell ermöglicht uns dann auch in der Präsenzphase viel mehr Zeit für Übungen, selektive Vertiefungen und Diskussionen.

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Welchen Mehrwert bieten eigentlich screencasts gegenüber einem einführenden Skript bei der Entwicklung von Grundlagenwissen? Ich bin nicht sicher, ob es hierauf eine allgemeingültige Antwort gibt. Allgemeine Merkmale von Medien spielen hier mit persönlichen Merkmalen von Lehrpersonen und deren Medien- und Kommunikationskompetenz zusammen.

Ein Skript kann – im Unterschied zu einem Video – schneller und im eigenen Tempo gelesen werden (allerdings bieten manche Medien-Player die Möglichkeit, die Wiedergabegeschwindigkeit anzupassen). Dazu ermöglicht ein Skript durch die Gliederung in Kapitel und Abschnitte sowie durch ein Inhaltsverzeichnis eine schnellere Orientierung und Navigation im Inhalt als dies bei einem screencast möglich ist (deshalb auch häufig die Verwendung von kurzen Screencasts zu einzelnen inhaltlichen Aspekten). Und ein Skript kann einfacher und schneller aktualisiert werden als ein Video. Hinzu kommt – zumindest für mich – dass ich schriftlich genauer formulieren kann als mir das in der Regel in der freien Rede – auch wenn ich mich auf Folien stütze – gelingt.

Andererseits gelingt auch mir die persönliche Ansprache über eine Ton- oder Videoaufzeichnung vermutlich besser als über einen schriftlichen Text: Warum sind die Seminarthemen wichtig? Wie stehe ich als Fachexperte dazu? Was kommt auf die Teilnehmenden zu? In welchem Umfeld und mit welchen Methoden / Arbeitsformen werden wir das Seminar bestreiten? Hier denke ich, könnte ich mit einem kurzen Screencast eine sinnvolle Ergänzung zum bereits verfügbaren Skript liefern. Und vielleicht auch ein Kapitel aus dem Skript per screencast vortragen, um die Teilnehmenden etwas vom umfangreichen Leseauftrag zu entlasten und gleichzeitig etwas Abwechslung zu bieten. Ich werde das für mein nächstes scil Weiterbildungsseminar erproben.

Erprobt wird übrigens auch an anderen Stellen: Karlheinz Pape hat in der Corporate Learning Community auf Google+ angekündigt, den “flipped learning”-Ansatz beim CorporateLearningCamp http://colearncamp.hessenmetall.de/ im Rahmen von einigen “Flipped Sessions” zu verfolgen, um damit die “Flipped Conference” auszuprobieren…

Mrz 152013
 
Gravatar_ChristophMeier

Im Rahmen unseres Tages-Workshops “Visualisierungen für Lernen und Wissenskommunikation” ging es letzte Woche um Möglichkeiten der Visualisierung und deren Einsatz in Kursen / Seminaren sowie im persönlichen Wissensmanagement.

Die Themen waren: Abläufpläne für Seminare und Workshops, Wissenstrukturen bzw. ‘advance organizer’ für Kurse und Lehrgänge, Infografiken, Lernbilder bzw. Lernposter und schliesslich das Kuratieren von Webseiten mit visuellen Elementen. Im Vordergrund stand das aktive Arbeiten mit Stift und Papier einerseits und mit Werkzeugen wie infogr.am, scoop.it oder learnist andererseits.

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Im Verlauf des Tages wurde deutlich, wie wichtig eingängige Visualisierungen in der Kommunikation mit verschiedenen Anspruchsgruppen von Bildungsverantwortlichen sind (Kursteilnehmende, Interessenten / potenzielle Auftraggeber, Netzwerkpartner, Fördervereine, etc.). Eine grosse Herausforderung stellt der unübersichtliche Markt an Werkzeugen beispielsweise zum Erstellen von Infografiken oder zum Kuratieren von Webinhalten dar (Was kann man mit welchem Werkzeug machen? Auf welcher Anbieter soll man setzen, weil er auch noch in zwei Jahren am Markt sein wird?). Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass es in einigen Organisationen noch starke Vorbehalte gegenüber sozialen Medien gibt: dass beispielsweise einzelne Personen mit kuratierten Sammlungen zu Materialien aus ihren Fachgebieten im WWW öffentlich sichtbar werden, passt noch nicht überall in die Landschaft.

Mrz 132013
 
Sina Faeckeler

Technologiegetriebene Trends im Bildungsmanagement haben eine lange Tradition. E-Learning, einst mal ein kühner Trend, hat sich seit den 1990er Jahren nicht nur als Begriff, sondern auch in den Organisationen mehr als etabliert. Dennoch steht immer wieder die kritische Frage im Raum, ob e-Learning nur ein Hype ist bzw. ob und für wen e-Learning einen “echten” Mehrwert gibt? Denn neben den grossen Hoffnungen und Visionen, haben sich auch hier deutliche Grenzen aufgetan. Andere Hypes haben sich gar nicht erst durchsetzen können, oder wird bei ihnen die virtuelle Welt “Second Life” im Bildungsbereich noch genutzt?

Die technologische Entwicklung der letzten Jahre (u.a. Smartphones, Tablets) hat erneut unser (berufliches) Leben verändert: Jeder zweite Schweizer (in anderen Ländern ähnlich) besitzt ein Smartphone, bei den Jugendlichen sind es sogar vier von fünf Jugendlichen, die sich mobil durch unsere Welt bewegen. So das Ergebnis einer Studie von Comparis, die stellvertretend für viele steht. Was bedeuten diese Entwicklungen für das Bildungsmanagement? Werden mobile Endgeräte zu unseren digitalen Begleitern in der Lern- und Arbeitswelt?

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Im Innovationskreis „Zukunftsorientierte Kompetenzentwicklung“ haben sich drei Unternehmen auf Basis der Erfahrungen mit verschiedenen Pilotprojekten diesen Fragen gestellt. In Project Review Workshops wurde intensiv beleuchtet, in welcher Hinsicht mobiles Lernen einen echten Mehrwert bieten kann. Ergebnis der Diskussion: Der Einsatz von mobilem Lernen ist vor allem bei bisher unerreichten Zielgruppen im Unternehmen, bei konkreten Problemstellungen im Prozess der Arbeit sowie zur Befriedigung heterogener, individueller Lernpräferenzen bedeutungsvoll. Aus methodisch-didaktischer Perspektive wurde das grösste Potenzial beim Einsatz mobiler Lernangebote im Prozess der Arbeit („Performance support on the job“) sowie als Ergänzung der Vor- und Nachbereitungsphasen von Blended Learning Designs gesehen.

Als Zwischenfazit lässt sich auf Basis der Praxiserfahrungen der Partnerunternehmen festhalten, dass für einen Mehrwert bringenden Einsatz von mobilem Lernen, insbesondere das methodisch-didaktische Innovationspotenzial gehoben werden sollte. Die reine „Mobilmachung“ klassischer Lernangebote wie WBT’s enthält dies in der Regel nicht. Es lohnt sich, kritisch darüber nachzudenken, für welche Zielgruppe und in welcher Hinsicht ein mobiles Lernangebot einen echten Nutzen gegenüber anderen Lernformen bringen kann.

Die Partner des Innovationskreises sehen hierfür vor allem die Klärung der Ausgangslage als erfolgsrelevant an. Für den Erfolg müssen verschiedene Aspekte zusammenspielen. So ist zum einen, unternehmensintern kritisch zu prüfen, was der technische Ist-Stand im Unternehmen ist (z.B. welche Endgeräte liegen vor? welche Sicherheitsvorschriften liegen vor?). Dieser hat erheblichen Einfluss darauf, was im Bereich des mobilen Lernens überhaupt machbar ist. An dieser Stelle sei insbesondere auf Technologieakzeptanzfaktoren verwiesen, die unbedingt berücksichtigt werden sollten. Neben der technischen Machbarkeit sollte zudem analysiert werden, welche Bedarfe die Lernenden und die Organisation haben. Ebenso eine sichtbare Anbindung an die Praxis und der sichtbare Nutzen und Beitrag eines mobilen Lernangebots gilt als wesentlich. Insgesamt betrachtet, muss das mobile Lernangebot zu dem Leitbild von Lernen und Entwicklung im Unternehmen passen. Ein Unternehmen, in dem eigenverantwortliches Lernen nicht auf strategischer Ebene unterstützt wird, wird hinsichtlich der gelebten Kultur vermutlich keinen grossen Erfolg mit einem mobilen Lernangebot verzeichnen, das auf selbstgesteuertes Lernen setzt.

Mit dem scil Learning Day „Thinking Lab: The future goes mobile?! – Trends im Bildungsmanagement” bieten wir am 5. Juni 2013 einen Workshop an. Hier werden wir uns gemeinsam der Frage stellen, welche Potenziale mit mobilen Lernangeboten für den Bildungsbereich gehoben werden können. Dabei haben wir immer auch eine “kritische Brille” auf. Insbesondere vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus dem Umgang mit bisherigen Trends im Bildungsmanagement stellen wir uns der Frage, welchen “echten” Mehrwert mobile Lernszenarien für Lern- und Entwicklungsprozesse bieten können? Wie können sie eine nachhaltige Wirkung entfalten und welche Rahmenbedingungen bzw, Voraussetzungen sind für einen erfolgreichen Einsatz notwendig?

Interesse? Hier finden Sie weitere Informationen und einen Link zur Anmeldung zum Workshop: http://www.scil.ch/index.php?id=496&L=0%25252b%25252b%2525252F%2525253Fdir

Bildnachweis: http://idw-online.de/pages/de/newsimage?id=142765&size=screen, abgerufen am 08.03.2012

Mrz 122013
 
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Wie bereits angesprochen wurden die 45 Themen der Trendstudie sechs Gestaltungsfeldern zugeordnet. Im heutigen Beitrag berichte ich von ausgewählten Ergebnissen aus dem Gestaltungsfeld Strategie. Das wesentlichste: Die Unternehmensstrategie ist ein wichtiger Bezugspunkt des Bildungsmanagements. Es gilt sich verstärkt daran auszurichten. So landete das Thema „die Qualifizierung der Mitarbeitenden an der Unternehmensstrategie ausrichten“ auf dem Top 1 Platz der Studie, d.h. es wurde von den Experten als die bedeutsamste Herausforderung des Bildungsmanagements unter allen abgefragten Themen beurteilt. Das Bildungsmanagement ist ein wichtiger Player. Dies zeigt sich darin, dass es als wesentliche Aufgabe betrachtet wird, nach der Festlegung von Strategie-/Planungsentscheidungen in die Strategieumsetzung mit einbezogen zu werden. Im Bereich der strategischen Themen finden sich daneben zwei „Aufsteiger“. Die Berücksichtigung der Konsequenzen des demografischen Wandels in den Aktivitäten des Bildungsmanagements erlebt ein Revival und verzeichnet einen massiven Bedeutsamkeitsanstieg gegenüber 2008. Veränderungen und Trends systematisch aufzunehmen und für die Weiterentwicklung der Dienstleistungen zu berücksichtigen stellt das Top 3 Thema der Studie und damit eine der aktuellen Herausforderungen des Bildungsmanagements dar. Was uns als Autoren der scil Trendstudie natürlich besonders freut! Im nächsten Beitrag erfahren Sie dann interessante Ergebnisse aus dem Gestaltungsfeld Didaktik.

Feb 112013
 
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„Fronatalunterricht macht klug“ – so die FAZ am 15.12.2012.  Oder: „Frontalunterricht ist besser als sein Ruf“ – so das Handelsblattt vom 11. März 2012. Diese Schlagzeilen stehen stellvertretend für zahllose Artikel in alten und neuen Medien. Die meisten Beiträge beziehen sich auf die sog. Hattie Studie, in der ein neuseeländischer Bildungsforscher 2008 eine Studie zu 800 Metaanalysen aus 50000 Einzeluntersuchungen zu der Frage „Was bewirkt guter Unterricht? What works best?” durchgeführt hat. Die Zeit betitelt ihren Artikel zur Hattie Studie mit „Ich bin supergewichtig“ und vermittelt wird die Kernbotschaft: „Kleine Klassen und offener Unterricht bringen nichts“. Ins Handelsblatt schafft es zudem die in 2011 durchgeführte Meta-Studie des Wirtschaftsprofessors Lavy von der Hebrew University of Jerusalem zur selben Frage mit ähnlichen Ergebnissen (beim Handelsblatt interessanterweise unter der Rubrik „Neues aus der Wirtschaftsforschung“).

Selbst im Bekanntenkreis wird man auf die „neueste neuseeländische Studie“ angesprochen: Frontalunterricht und es kommt eben auf den Lehrer an…“ – das bleibt in der breiten Diskussion anscheinend hängen. Die Tatsache, dass Hattie auf ein Datenmaterial von insgesamt 250 Mio. Schülern und Schülerinnen zurückgreifen konnte, scheint sehr beeindruckend zu sein und verleitet zur Annahme, dass nun „absolute Wahrheiten“ vorliegen. Interessant sind – wie immer -  jeweils die im Anschluss geführten Diskussionen, wie die unterschiedlichen Protagonisten aus den Studien genau die “Stückchen” herauspicken, mit denen sie ihren eigenen Standpunkt untermauern können. Eine Lehrperson schreibt in einem Forum: „ich hab es ja schon immer gewusst, dass der gute alte Frontalunterricht das Allerbeste ist – besonders für die schwächeren Schüler“. Eine andere fragt kritisch nach: „Warum ist dann Deutschland eigentlich nicht ganz weit vorne bei den Pisa Studien – im Fronatalunterrichten sind wir doch spitze!“

Schaut man sich die Hattie Studie im Original genauer an, kommt man zu einer viel differenzierteren Betrachtung. Letztendlich zeigt die Bildungsdiskussion in den Medien zahlreiche Missverständnisse und auch Mythen. Natürlich schränkt Hattie auch selbst den Anwendungsbereich ein: nur fachliche Kompetenzen waren im Blick; zunehmend wichtiger werdende überfachliche Kompetenzen (Sozial-, Selbstkompetenzen) waren (natürlich!?) ausgeklammert. Die untersuchen Daten von Hattie stammen aus den 1980er und 90er Jahren – das ist schon eine ganze Weile her. Wie sahen damals wohl die Web-based Learnings aus? Man ahnt es: diese Methode ist laut der Studie nur gering effektiv. Sehen heutige Formen des „offenen Unterrichts“ wohl noch genauso aus  wie im letzten Jahrhundert? Haben Lehrpersonen mittlerweile nicht vielerorts die Erfahrung gemacht, dass Orientierung und Strukturierungshilfen für den Lernprozess in offeneren Lernsettings erforderlich sind? Dieselbe Problematik haben wir bzgl. des Einsatzes von Medien. Aus eigenen Erfahrungen im Unterricht mit Notebook-Klassen wissen wir, dass es nicht genügt, den Schülerinnen einen Laptop hinzustellen – im Übrigen funktioniert dies in den meisten Unternehmen in der betrieblichen Weiterbildung auch nicht, wie die Erfahrungen mit Web-based Trainings zeigen. Der Computereinsatz muss in ein didaktisches Konzept eingebettet und von der Lehrperson gesteuert sein. Das bedeutet allerdings nicht – wie ich es häufig bei Studierenden in Übungslektionen erlebe – alles vorgeben und kontrollieren zu müssen („wir geben jetzt bitte gemeinsam die folgende Website ein“); vielmehr erfordert es ein „Orchestrieren“ unterschiedlicher, mehr oder weniger direktiver Aktivitäten. Ich finde, es ist ein riesengrosses Missverständnis, dass in der breiten Öffentlichkeit – und anscheinend von vielen Lehrpersonen selbst – die Rolle der Lehrperson bei der Gestaltung offener Lernformen als weniger gewichtig wahrgenommen wird – sie ist aber nur anders, bestimmt nicht weniger bedeutend!

Im Übrigen ist eine interessante Replik zur Hattie Studie zu finden. Dort wird auf den Umstand verwiesen, wie schwierig die Zuordnung der einzelnen Studien zu Kategorien wie Lehrperson als aktiver Gestalter („activator“) oder als Lernbegleiter („facilitator“) tatsächlich sind. So kann man darüber diskutieren, inwiefern reciprocal teaching, meta-cognition strategies oder auch Elemente des Mastery Learnings nicht auch eher zum Rollenbild des Lernbegleiters passen. Diese Gegenüberstellung zeigt mir jedenfalls mal wieder, dass unter der Bezeichnung „teachers as faciltators“ oder generell unter Lernbegleitung sehr unterschiedliche Ausprägungen verstanden werden können.

Interessant finde ich in der gesamten Studie die Kernbotschaft, die Hattie mit dem Label „Visible Learning“ betitelt (so heisst auch sein Buch, in dem er 2009 die Ergebnisse veröffentlichte). Wie kann man Lehren und Lernen sichtbar, erfahrbar, erkennbar machen – für Lehrpersonen und Schülerinnen. Nach Hattie findet das statt,
- wenn das aktive Lernen jedes einzelnen Lernenden das explizite Ziel ist,
- wenn es angemessen herausfordert,
- wenn der Lehrer und der Schüler (auf ihren unterschiedlichen Wegen) überprüfen, ob und auf welchem Niveau die Ziele auch wirklich erreicht werden,
- wenn es eine bewusste Praxis gibt, die auf eine gute Qualität der Zielerreichung gerichtet ist,
- wenn Feedback gegeben und nachgefragt wird und
- wenn aktive, leidenschaftliche und engagierte Menschen am Akt des Lernens teilnehmen.
Je mehr der Lernende dabei selbst zum Lehrenden und der Lehrende zum Lernenden werden, desto erfolgreicher verlaufen die jeweiligen Lernprozesse!

Das ist eigentlich Hatties zentrale Botschaft, wie er übrigens selbst sagt – und um mich auch gleichzeitig gegen den Vorwurf zu wappnen, ich würde nun auch nur ein „Stückchen“ aus der Studie rezipieren, um meine Position zu untermauern ;-) . Schade, dass in der breiten Bildungsdiskussion nur sehr verkürzt über eine m.E. uralte Methodendiskussion (“entweder-oder”  an Stelle von “sowohl-als-auch”) diskutiert wird und bei vielen anscheinend ankommt: es ist besser, wenn der Lehrer den Schülern alles erklärt!

Nov 152012
 
Gravatar_ChristophMeier

Bildungsorganisationen sehen sich neuen Herausforderungen gegenüber und müssen ihre gegenwärtige Positionierung hinterfragen. Zu den dahinter liegenden Treibern gehören Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft (u.a. die weiter voranschreitende Digitalisierung von Arbeitswelten, das Abflachen von Hierarchien und neue Führungsphilosophien), Entwicklungen im Bildungsmarkt (u.a. zunehmende Bedeutung informellen Lernens und die Verfügbarkeit von offenen Lerneinheiten und Kursen – vgl. Khan Academy, Coursera und die OER-Bewegung), technologische Entwicklungen (u.a. Social Media und mobiles Internet) und Kundenanforderungen (u.a. nach massgeschneiderten Unterstützungs- und Entwicklungsangeboten).

Wir leiten aus diesen Entwicklungen folgende Thesen ab:

  1. Die sozialen Medien sind für Bildungsorganisationen geschäftsrelevant (‚learning as social business‘) und sie unterstützen Lernen (‚social learning‘).
  2. Die Unterstützung erfolgreicher Geschäftstätigkeit von Bildungsorganisationen durch soziale Medien (z. B. Bildungsmarketing) will gelernt sein (‚learning social business‘).
  3. Arbeiten heisst Lernen und Lernen findet beim Arbeiten statt – auf individueller wie auf organisationaler Ebene (‚business is learning, learning is business‘).
  4. Bildungsorganisationen müssen sich neu positionieren: als Gestalter von Lernlandschaften Lernen und Entwicklung in Organisationen im umfassenden Sinn ermöglichen und ‚social business learning‘ fördern.

Daraus ergeben sich verschiedene Anforderungen an Bildungsorganisationen:

  • Fähigkeit zur Initiierung, Umsetzung und nachhaltigen Verankerung von Bildungsinnovationen;
  • Strategie-konformer Zuschnitt des Leistungsportfolios und Zuweisung von Ressourcen;
  • Mitwirkung an dern Anpassung von Rahmenbedingungen für Lernen;
  • Anpassung der eigenen Leistungsprozesse als Bildungsorganisation;
  • Anpassung des eigenen Geschäftsmodells als Bildungsorganisation.

Diese Entwicklungen und Thesen werden im neuen scil Whitepaper erläutert, das hier geladen werden kann: Whitepaper_SocBusLearning_2012-11-19

Deckblatt-Whitepaper

 

 

 

Okt 152012
 
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Dies ist die Vollversion meines Beitrages: KE_Lehrpersonen_Folio_Seufert

Kompetenzentwicklung von Lehrpersonen berufsbildender Schulen im Kontext digitaler Medien – erschienen in der Ausgabe von Folio 4/2012 unter dem Titel: Die digitale Revolution und die Evolution des Lehrens”

Die Lehrerprofession bildet sich ja hochgradig direkt am Arbeitsplatz, informell weiter. Für die Kompetenzentwicklung schlage ich vor, nach Organisationslogiken diese Form von Weiterbildung zu unterstützen: 1) transferorientierte Bildungsmaßnahmen -> z.B Change Labs nach Engestrom; 2) Reflexionsprozesse über die Unterrichtspraxis moderieren -> kollegiale Hospitation als Klassiker, Möglichkeiten eruieren wie Reverse Mentoring ; 3) selbstinitiiertes Lernen in Praxisgemeinschaften, unterstützt durch Social Media.

Als wichtige Rahmenbedingung gilt: informelles Lernen anzuerkennen – aber nicht nur im Sinne von einer Zertifizierung, sondern vielmehr als (gesellschaftlich) anerkannte Leistung

Die anderen Beiträge zu diesem Thema (“Weiterbildung von unten”) als Erfahrungsberichte von 2 berufsbildenden Schulen sind zudem sehr lesenswert…

Aug 102012
 

Diesen Monat erschienen die Umfrageergebnisse zu „Beliebte Trainingsmethoden 2012“ in der Trainingaktuell. Der Verlag managerSeminare hat nun schon zum 3. Mal nachgefragt, mit welchen Methoden Deutschlands Trainer vorrangig arbeiten und aus den Ergebnissen ein Methoden-Ranking errechnet. Die Plätze 1-3 haben sich im Vergleich zu der Umfrage in 2010 nicht verändert:

1. Coaching (Einzel-, Gruppen- und Teamcoaching)

2. Simulationen  (z.B. Rollenspiele)

3. Action Learning (Trainer begleiten bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen)

Gemeinsam ist diesen Top-3 Methoden, dass es Lernformen sind, die ein problem- und ein erfahrungsorientiertes Lernen unterstützen. Neuen Aufwind erleben 2012 die Methoden „Storytelling“ und „Entspannungsorientierte Methoden“. Den ausführlichen Artikel können Sie hier bestellen.

Auch diese Umfrage zeigt, dass zum einen  nicht wirklich neue Methoden Eingang in die Trainerpraxis finden und  zum anderen, es generell nicht an einer Methodenvielfalt mangelt. In unserem kommenden Seminar Aktivierende Methoden kompetenzorientiert einsetzen beschäftigen wir uns daher mit der Frage, nach welchen Kriterien Methoden für den Einsatz in Seminaren ausgewählt werden. Hierbei wird davon ausgegangen, dass Methoden nicht zum Selbstzweck – oder „um mit Trends mitzugehen“ – eingesetzt werden. Vielmehr sollte im Vorfeld gründlich analysiert werden, inwiefern das jeweilige methodische Learning Design für die angestrebten Lernziele und Kompetenzentwicklung unterstützend wirken kann.

Mai 292012
 
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In der Vorbereitung auf einen Inhouse-Kurs zum Themenbereich „Trainer-Ausbildung“ sind wir auf das Buch von Rolf Meier (2012) gestossen: „Das Einzige was stört, sind die Teilnehmer“. In diesem Jahr ist die 3. überarbeitete Neuauflage erschienen. Dieses Buch gibt gute Einblicke zum Thema „Trainerpersönlichkeit“ und vor allem bietet es einen guten Fundus zum Thema „Schwierige Seminarsituationen meistern“. Es werden viele Praxisbeispiele geschildert, Einschätzungshilfen zur Verfügung gestellt und kleine Videobeispiele regen anschaulich zur Reflexion an.

In Kombination mit dem Buch von Bernd Weidenmann “Erfolgreiche Kurse und Seminare” (2011) lassen sich viele Strategien im Umgang mit herausfordernden Situationen definieren, die für die Trainertätigkeit sehr nützlich sein können.

Mai 032012
 
Gravatar_ChristophMeier

In Sonntagsreden hat Bildung immer Konjunktur. Aber Werktags müssen Programmverantwortliche hart arbeiten, um ihre Bildungsprodukte erfolgreich im internen oder externen Markt zu platzieren.

Bildungsmarketing beinhaltet zwei Aspekte: (1) Marktorientierung im Sinne der Ausrichtung einer Bildungsorganisation oder eines Bildungsprodukts am Markt, und (2) Beeinflussung dieses Marktes zugunsten der eigenen Bildungsorganisation oder des eigenen Bildungsprodukts. Auf einer operativen Ebene heisst dies für Programmverantwortliche, ihr Produkt durch die Gestaltung der “7P” möglichst gut an den Erwartungen der Zielgruppen und den eigenen Möglichkeiten auszurichten und dann effektiv in Richtung der Zielgruppen und Entscheider zu kommunizieren. Dies beinhaltet die Gestaltung der Leistung, der Distribution, des Preises, der Kommunikation, der Prozesse und der Ausstattung sowie die Einbindung geeigneten Personals.

Die Umsetzung des Marketing-Mix ist Gegenstand des scil Fokusseminars “Bildungsprogramme kalkulieren und vermarkten“, am 14.-15. Juni 2012 in St.Gallen.

Mai 012012
 

Letzte Woche fand in St. Gallen das Seminar „Coaching und Lernbegleitung kompetenzorientiert einsetzen“ statt (26./27. April). Dieses Seminar ist Bestandteil unseres neuen Zertifikatsprogramms „Training und Lernbegleitung“. Im Fokus standen folgende Themen: „Rollenveränderung: Vom Trainer zum Coach und Lerngebleiter/-in“, „Coaching und Lernbegleitung in Blended Learning Designs“, „Beratungs- und Feedbacksituationen lernförderlich gestalten“ und die persönliche Rollenreflexion der Teilnehmenden.

In den 1.5 Tagen haben wir verschiedene Ideen diskutiert, wie Bildungs- und Programmverantwortliche zukünftig stärker mit einer „coachenden Haltung“ Lernbegleitung gestalten können: z.B. virtuelle Communities initiieren und moderieren zur Unterstützung des Wissensaustauschs („Yammer für Trainer in der Organisation“), didaktisierte Learning Nuggets erstellen zum Einsatz in der Selbststudiumsphase, verschiedene Einsatzmöglichkeiten von kollegialem Coaching, virtuelle Coachingvarianten für die Begleitung der Transferphase, oder auch die Formulierung von lernförderlichem Feedback in der täglichen Zusammenarbeit mit Anspruchsgruppen.

Ein sehr interessanter Link zu „virtuellem Coaching“ ist dieser: https://www.virtuelles-coaching.com/