Corporate Universities – Auslauf- oder Zukunftsmodell?

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Corporate Universities galten Ende der 90er Jahre als vielversprechende Lösung für die die lernende Organisation, zur Erhöhung der Innovationsfähigkeit und zur Begleitung strategischer Veränderungsprozesse. „Sie sollten Strukturen und Kommunikationsgelegenheiten bereitstellen, die individuelle, organisatorische und strategische Lern- und Veränderungsprozesse ermöglichen und diese eng mit den wesentlichen Geschäftsprozessen verzahnen. Nicht alles an der Idee war neu, und wie so oft blieb ihre Realisierung weit hinter den ursprünglichen Ansprüchen zurück (Gebauer 2006, S. 61).“ Darauf folgte eine Ernüchterungswelle. Die Idealvorstellung einer Corporate University sieht für Firmenuniversitäten weitgreifende Kernfunktionen vor. Im Unterschied zu den amerikanischen Vorbildern waren die ersten Gründungen im deutschsprachigen Raum mit sehr hohen Ansprüchen verknüpft. In dieser Phase haben viele Corporate Universities eine zentralistische, radikale Einführungsstrategie verfolgt. Die Corporate University sollte das maßgebliche Vehikel für die Verbreitung einer Organisationskultur, die sich als Lernende Organisation versteht. Zum Teil wurden technisch-instrumentelle Begriffe wie „Transmissionsriemen“ oder „strategischer Motor“ für Veränderungen für die Entwicklung neuer Ideen und Innovationen verwendet. Diese Idealvorstellung war in vielen Fällen zu überzogen und führte zu einer Ernüchterungsphase. Eine „Downsizing“ Welle folgte, in der Corporate Universities häufig mit bescheidener Zielsetzung reorganisiert worden sind. Die Corporate Universities, welche gleich zu Beginn eine organisch-offenere, evolutionäre Implementationsstrategie verfolgt haben, konnten sich hingegen eine stabile Positionierung im Unternehmen erhalten.

Eine Analyse der beiden grundsätzlichen Implementierungsstrategien „zentralistisch-revolutionäre Strategie“ vs. „organisch-offene, evolutionäre Strategie“ zeigt, dass die erfolgreiche Umsetzung auch maßgeblich von der kontextspezifischen Management- bzw. Organisationslogik abhängig ist. Eine revolutionär angelegte Strategie (großer Wurf) scheint nicht zu funktionieren bei bestehenden Logiken (z.B. traditionelles Führungsverständnis), sondern nur wenn die gesamte Organisation einen ernstzunehmenden Transformationsprozess in Angriff nimmt und ein neues Führungs- und damit verknüpft Lernverständnis etablieren möchte. Eine evolutionäre Strategie der kleinen Schritte scheint auf den ersten Blick weniger risikoreich. Allerdings kann es hierbei passieren, dass die Corporate University den Anschluss an die neue Management-/ Organisationslogik verpasst und schleichend ihre Daseinsberechtigung verliert.

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Abb. 1: Implementationsstrategien für Corporate Universities

Ob die zum Teil spektakulären Neugründungen (wie z.B. Adias Learning Campus) bereits für ein Comeback der Corporate Universities sorgen können, kann differen­ziert beantwortet werden (Teska 2014). Die Neugründungen von Firmenuniversitäten sind ver­mutlich überschaubar und beziehen sich weiterhin auf einen begrenzten Anwendungskontext großer, meist international agierender Unternehmen.

Corporate Universites – ein Auslaufmodell oder ein Zukunftsmodell? Auslaufmodell ist eine CU, wenn eine zentralistische Strategie ohne ernstzunehmenden Transformationsprozess (häufig geprägt durch die „digitale Transformation“, Arbeit 4.0) im Gesamtunternehmen verfolgt werden soll – die Business Relevanz fehlt, eine CU wirkt dann „abgehoben“ vom Kerngeschäft der Personalentwicklung. Nach wie vor gibt es erfolgreiche CUs, die als Zukunftsmodelle wirken können. Bestehende Corporate Universities haben sich häufig einem Transformationsprozess unterzogen, neue Geschäftsmodelle z.B. durch digitale Bildungsangebote (inspiriert durch die open education und MOOC Bewegung) oder durch die Erweiterung von Zielgruppen (branchenübergreifendes Lernen) entwickelt. Eine klare Ausrichtung nach den Bedürfnissen der Lernenden mit dem übergreifenden Ziel, die Selbstorganisation von der Basis her zu unterstützen, scheint für ein Comeback des Konzepts der Corporate University zu sorgen – die CU in neuem Kleid – nicht das, aber auch ein Zukunftsmodell.

 

Hovestadt/Beckmann 2010: Hovestadt, G. und Beckmann, T.: »Corporate Universities. Ein Überblick«. Hans Böckler Stiftung. http://www.boeckler.de/pdf/mbf_netzwerke_corporate_unis.pdf. 10.12.2015.

Lichtenberger/Andresen 2007: Lichtenberger, B. und Andresen, M.: »Corporate universities in Germany: Implementing and developing the organization’s strategy through learning«, in: Development and Learning in Organizations. Vol. 21, Issue 4, p. 25 – 27.

Teska 2014: Teska, B.: Das Comeback der Corporate Universities, in: Human Resource Manager, 09.04.2014, ttp://www.humanresourcesmanager.de/ressorts/artikel/das-comeback-der-corporate-universities-9459, 10.12.2015.

Wimmer/Emmerich/Nicolai 2002: Wimmer, R., Emmerich, A. und Nicolai, A. T.: »Corporate Universities in Deutschland. Eine empirische Untersuchung zu ihrer Verbreitung und strategischen Bedeutung«. Eine Studie im Auftrag des BMBF.

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