Informelles Lernen: Herausforderungen & Good Practice Beispiele?

Kritiker

Letzte Woche fand in Köln der 1. Innovationsworkshop von getAbstract statt, zu dem ich als Gastrednerin eingeladen war. Die Workshop Teilnehmer waren alle getAbstract Kunden, die daran interessiert waren das Thema informelles Lernen weiterzudenken. In meinem Beitrag „Informelles Lernen: Herausforderungen & Good Practice Beispiele“ habe ich…

1. …unser Verständnis von informellem Lernen skizziert. Wir finden das „Kontinuum-Modell“ sehr geeignet: Mit diesem Modell bewegt sich der grösste Teil des Lernens mit verschiedenen Anteilen von Informalität und Formalität zwischen den beiden reinen Ausprägungen (Stern/Sommerlad 1999, Colley, 2003). So ist (fast) jedes Lernen zu einem Teil informell und formell verankert; die Anteile variieren je nach externer Steuerung und Motivation des Lernanlasses. Mögliche Attribute zur Bestimmung der Formalität bzw. Informalität fassen sie in vier Kategorien zusammen (Colley et al., 2003):

Attribute Formalität Informalität
Prozess Lernprozesse basieren auf definierten Zielen und Inhalten;

direkte Rolle der Lehrpersonen z.B. in Weiterbildungskursen

Lernprozesse ohne festgelegtes Curriculum und Lernziele;

ggf. indirekte Rolle von „Lernbegleitern“, weniger formell: Unterstützung durch Lehrpersonen, Mentoren, informell: Unterstützung durch Kollegen, Freunde

Ort und Setting Bildungsinstitutionen;

Lernen an Orten, die geplant sind für die Lernprozesse; Festgelegte Lernzeiten mit Anfang und Ende

Arbeitsplatz (Unterrichtspraxis), Gemeinschaft, Familie;

Mit unbestimmtem Ende, ohne bzw. nur wenige Zeitrestriktionen

Absichten und Ziele Erstrangiges Ziel ist das Lernen; Lernen erfüllt extern vorgegebene Bedürfnisse; Spezifizierung des Lernergebnisses (Zertifi­zierung als höchste Ausprä­gung an Formalität) Ein anderes Ziel steht im Vordergrund, Lernen ist eine Begleiterscheinung; selbstinitiiert und bestimmt vom Lernenden, ergebnisoffen
Inhalte Fokus auf der Aneignung von etabliertem Experten­wissen, abstraktem Theorie Wissen und Praktiken Fokus auf dem Aufdecken von Erfahrungswissen, praktische Tipps, Generierung von neuem Wissen

Die Attribute sind nach Ansicht von Colley et al. (2003) nicht erschöpfend und trennscharf zu erschliessen. Eine derartige Gebrauchsdefinition kann sicherlich nicht als allgemeingültige Lösung für die Definition von informellem Lernen angesehen werden. Aber sie bietet aus einer Gestaltungsperspektive die Möglichkeit einer organisationsspezifischen Anwendung, indem zentrale Attribute von Formalität und Informalität spezifiziert und damit Kriterien für die „Planung des Zufalls“ entwickelt werden. Der Verbindung von informellem und formellem Lernen wird dabei ein hohes Potenzial zur Kompetenzentwicklung zugerechnet („the interplay between formal and informal learning“), anstatt die Gegensätze der beiden Lernformen herauszuarbeiten oder vielmehr gegeneinander auszuspielen (Marsick 2009). Diese Idee des Kontinuums haben wir für den Bereich des Corporate Learning folgendermassen übertragen:

Bild1

2. …von unseren Aktivitäten in dem Themenfeld berichtet, u.a. von unserem Arbeitsbericht: „Informelles Lernen als Führungsaufgabe“ (Auszug)

  1. zentrale Gestaltungsfelder skizziert und anhand von Good-Practice-Beispielen diskutiert:
  • Neue Lernformate ermöglichen (z.B. Online Communities; Inspirationsbeispiele: Shell: „Ask, Learn & Share, oder SAP Community Network)
  • Lernfelder initiieren (z.B. Moderierte Chats mit Führungskräften zu Strategiethemen, Beispiel: Mastercard & getabstract)
  • Wissensaustausch fördern (z.B. Performance Support am Arbeitsplatz mit „Starmind“)

4. …Herausforderungen im Thema skizziert, die wir aus unserer Praxis heraus beobachten:

  • Wie kann eine Kultur geschaffen werden, in der informelles Lernen zum «Normalfall» wird?
  • Welche Konsequenzen hat die steigende Relevanz von informellem Lernen für die Arbeit von Learning Professionals?: «Werden wir arbeitslos?, Brauchen wir neue/andere Kompetenzen? …»
  • Braucht es «learn how to learn» Weiterbildungen, um das Potenzial informellen Lernens auszuschöpfen?
  • Wie managen wir zukünftig das angereicherte Portfolio von Lern- und Entwicklungsangeboten?
  • Wie können informelle Lernaktivitäten zertifiziert werden, um eine Alternative für formelle Trainings zu sein?

Die Veranstaltung wurde sehr gut von Dirk Rosomm moderiert und Christian Böhler brachte im Anschluss an meinen Vortrag seine interessanten Erfahrungswerte und Innovationen von RWE ein.

Mir hat dieser Workshop gezeigt, dass informelles Lernen weiterhin ein relevantes Thema für Organisationen ist und auch, dass der Diskussionsstand erfreulich differenziert war und sehr gute Fragen aufgekommen sind (z.B. „Paradoxien im informellen Lernen“), an denen es sich lohnt dran zu bleiben und weiterzudenken!

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