„Engagiert statt resigniert – Das innere Feuer (neu) entfachen“: Thema des 10. Ostschweizer Personaltags

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Am Donnerstag, 26. Juni 2014 fand in Gossau (CH) der 10. Ostschweizer Personaltag zu diesem Rahmenthema statt. Es war eine sehr gut besuchte Veranstaltung mit rund 280 Teilnehmenden und spannenden Referenten: Prof. Dr. Antoinette Weibel (Inhaberin des Lehrstuhls für Personalmanagement an der Universität St. Gallen), Dr. Ludwig Hasler (Publizist und Philosoph), Matthias Mölleney (peopleXpert und Leiter Center for HR Management der HWZ Zürich), Ruedi Josuran ( Career-, Gesundheits- und Life-Balance Coach mit Schwerpunkt Burnout-Prävention), Hans-Rudolf Castell (Leiter Direktion Human Resources Management der Migros-Gruppe), Marco Zaugg (selbstständiger Coach, Prozessbegleiter und Buchautor), Mathias Morgenthaler (Wirtschaftsredaktor) und Adolf Ogi (Alt-Bundesrat).

Mit diesem Rahmenthema wird eine Herausforderung aufgegriffen, die schon länger die gesellschaftliche Diskussion und die Fachwelt beschäftigt: „Arbeiten zwischen Hochleistung und Erschöpfung“.
Über diese gleichnamigen Studie der Führungsexpertin Heike Bruch wurde in der Juni Ausgabe 2013 der Zeitschrift brand eins berichtet:
„…Sie deckt einen auf den ersten Blick überraschenden Zusammenhang auf: In überdurchschnittlich erfolgreichen Unternehmen sind die Burnout-Quoten der Mitarbeiter relativ niedrig. In Firmen mit insgesamt sinkender Leistung – gemessen mit klassischen Erfolgskennziffern wie Umsatz, Gewinn oder Innovationskraft – steigen die Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen hingegen rapide an. Die Direktorin des Instituts für Führung und Personalmanagement in St. Gallen veranschaulicht das so: `Leute brennen innerlich aus, wenn ein anderer immer fester auf das Gaspedal drückt, sie selbst steuern sollen, aber nicht wissen wohin.´ Damit wäre umrissen, was Bruch unter schlechter Führung versteht. Geringe Handlungsspielräume. Unklare und ständig wechselnde Zielvorgaben. Keine Regenerationsphasen der Teams. Schlechte Führung führt zu einem Zustand, den die St. Gallener Forscherin ´Beschleunigungsfalle‘ nennt. Weil die Konkurrenz besser wird, erhöhen Führungskräfte die internen Leistungsvorgaben für das eigene Personal. Sie lancieren eine Vielzahl neuer Projekte, gern parallel, verdichten Aufgaben und Prozesse, drängen auf kürzere Innovationszyklen – und weil das alles nicht so schnell zu den erhofften Ergebnissen führt, ändern sie auch noch ständig ihre Managementmethoden. ´Statt phasenweiser Hochleistung werden die Kapazitäten in einigen Unternehmen und der Mitarbeitenden dauerhaft überstrapaziert´, heißt es in der Studie. Das Betriebsergebnis sei dann kollektiver Burnout. Nach Einschätzung der Studie hat schlechtes Management rund die Hälfte der deutschen Unternehmen in diese Form von Erschöpfung geführt.“

Prof. Antoinette Weibel skizzierte ihre Sichtweise zu dem Thema unter dem Vortragstitel: „Trust matters – Vertrauen im HR, im Unternehmen und in der Gesellschaft?“. Sie betont die Notwendigkeit von vertrauens basierter Personalselektion (stärkerer Fokus auf Einstellungen, Charakter), vertrauens basiertem Leistungsmanagement („Vertrauensvorschuss siegt“, sparsamer Umgang mit Boni und Malussystemen) und schliesslich einer vertrauens basierten Führung, die durch ein „Menschenbild Y“ gekennzeichnet sein sollte (XY-Theorie von McGregor). Um all das zu erreichen, braucht es nicht nur gute Führungskräfte, sondern auch ein starkes HR im Unternehmen und gute, stimmige Personalinstrumente.

Darauf folgte ein inspirierender und philosophischer Vortrag von Dr. Ludwig Hasler. Er setzte verschiedene Impulse, um das Thema „Stress“, „Burn-out“ und „Beschleunigung“ auch mal anders zu betrachten. Arbeit wird medial oftmals sehr negativ dargestellt und „zuviel Arbeit“ als etwas verkürzte Erklärung für viele Krankheitsfälle genommen. Anders sieht es aus, wenn Arbeit und Freizeit nicht getrennt betrachtet werden und Arbeit an sich positiv besetzt ist. Dr. Hasler skizzierte viele spannende weitere Gedanken, z.B. „Sisyphos“ positiv betrachtet – denn was würden wir tun, wenn wir oben am Berg angekommen sind? Zum Abschluss nannte Hasler noch drei Ansatzpunkte für Führungskräfte, um das Feuer bei ihren Mitarbeitenden „mit-zu entfachen“: Ausgehend von der Hypothese: „Viele werden heute krank, weil sie nicht wahrgenommen werden“ plädiert er für mehr wahrnehmen und ein lebhaftes Interesse und Aufmerksamkeit schenken als Führungskraft. Anhand der Analogie „Dirigent und Orchester“ verweist er auf ein weiteres Handlungsprinzip für Führungskräfte, im Sinne von: Man muss nicht alles selbst spielen können, aber als Dirigent sollte man eine Werkidee haben: „Welche Musik soll hier gemeinsam gespielt werden?“ Er sprach ein Plädoyer dafür aus, dass gute Führung und eine gesunde Kultur nicht durch sprechen/erzählen entsteht, sondern dadurch, dass sie persönlich und authentisch gelebt wird.

Darauf folgte ein Zwischenruf „quer gedacht“ von Matthias Mölleney zu Fragestellungen von „Leadership in HR“ und über die Bestimmung und Messung des Werts von Bildung. Eine interessante Frage: „Was wäre, wenn die Weiterbildung von Mitarbeitenden nicht als Kostenstelle, sondern als Investition verstanden würden?“.

Im Anschluss gab es eine Podiumsdiskussion zum Rahmenthema mit den Referenten und ein Abschlussvortrag von Adolf Ogi, an dem ich leider nicht mehr anwesend war.
Insgesamt eine interessante Veranstaltung mit vielen Impulsen zum Weiterdenken!

Zur Vertiefung des Themas gibt es aktuell u.a. das Juni-Dossier von managerseminare zum Thema Burnout Prophylaxe.

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